Neulich auf dem Weg ins Goms, in der ratternden Bahn durch die frisch verschneite Schöllenenschlucht, ich studierte gerade die geplante Route auf meiner Karte, als ich aus der Sitzgruppe gegenüber hörte: «Wenn wir jetzt die erste Gondel erwischen, dann fahren wir heute mindestens 5 Mal vom Gemsstock bis ganz runter! 7500 Höhenmeter Pulver fressen, so geil!». Die Route auf das Brudelhorn, die wir für heute geplant hatten geht über 1500 Höhenmeter, und die Aktion nähme, wenn alles glatt laufen würde, einen ganzen Tag in Anspruch. Ich geriet ins Nachdenken … ein Riesenaufwand für 5 Mal weniger Ertrag!
Neulich auf dem Weg ins Goms, in der ratternden Bahn durch die frisch verschneite Schöllenenschlucht, ich studierte gerade die geplante Route auf meiner Karte, als ich aus der Sitzgruppe gegenüber hörte: «Wenn wir jetzt die erste Gondel erwischen, dann fahren wir heute mindestens 5 Mal vom Gemsstock bis ganz runter! 7500 Höhenmeter Pulver fressen, so geil!». Die Route auf das Brudelhorn, die wir für heute geplant hatten geht über 1500 Höhenmeter, und die Aktion nähme, wenn alles glatt laufen würde, einen ganzen Tag in Anspruch. Ich geriet ins Nachdenken … ein Riesenaufwand für 5 Mal weniger Ertrag!
Freerider und Tourengeher haben viel gemeinsam, aber es sind auch gewaltige Unterschiede, die beides manchmal fast wie zwei komplett unterschiedliche Sportarten wirken lassen. Je länger, je mehr denke ich, dass der Hauptunterschied jedoch in der Geschwindigkeit liegt. Dies gilt sowohl für die Vorbereitung als auch den Tagesablauf.
Vor rund 15 Jahren hatte ich auch noch die Herangehensweise, dass ich nachsehe wo es geschneit hat, dann nix wie los auf die erste Gondel und ab in den nächsten Hang. Und dann soviel shredden wie nur möglich, bis zum letzten Lift. Eine Vorbereitung hat das nicht gebraucht, und auch Lawinengefahr war zwar ein Thema, aber sobald im Gebiet die erste Abfahrt gemacht war, habe ich eher nach der nächsten Line ausgeschaut, die noch nicht verfahren war, als zu überlegen, ob diese überhaupt sicher ist.
Unterwegs mit dem Splitboard, abseits der Varianten gewöhnt man sich eine ganz andere Herangehensweise an. Die Route will genau auf schwierige Stellen studiert sein, denn im Aufstieg eine Steilstufe zu überwinden fühlt sich ganz anders an als in der Abfahrt. Plötzlich befindet man sich deutlich länger an einer potentiell gefährlichen Stelle, wenn man eine halbe Stunde dort eine Spur hinauflegt, wo man mit 5 Kurven in 15 Sekunden wieder unten ist. Und man kann auch nicht in die nächste Beiz wenn das Wetter umschlägt und die Sicht gegen null geht. Pausen wollen gemacht sein, sich gehend einen Riegel reinstopfen ist nicht so angenehm wie in der Gondel kurz einen Snack einzunehmen. Die ganze Unternehmung einer Splitboard-Tour ist letztendlich ziemlich zeitaufwendig um alles zu planen, durchzuführen und am Ende heil wieder unten anzukommen. Im Vergleich zu einem Freeride-Tag im Skigebiet kommt einem alles unendlich langsam vor. Am Ende hat man einen ganzen Tag dafür aufgewendet um auf einen Berg zu laufen und genau einmal runterzufahren.
Was einem mehr gibt am Ende des Tages ist eine Frage, die nur jeder für sich beantworten kann. Ich persönlich ziehe mittlerweile jeden schlechten Tourentag einem guten Tag im Gebiet vor. Am Ende des Tages habe ich klarere Bilder im Kopf, von einzelnen Turns, Wettereindrücken, Wind und Kälte, Sonne, gestokten Freunden. Es verschwindet nicht alles in einem Rauschen von Abfahrt nach Abfahrt. Vielleicht ist diese Freude an der Langsamkeit auch eine Frage des Alters, aber mehr ist es wohl eine persönliche Entwicklung, die einen fordert, aber einem auch sehr viel gibt.
Für Freaks? Nein – Tourengehen kann jeder!
Niemand kommt als Splitboarder auf die Welt, sondern Schritt für Schritt nähert man sich der Materie an. Auch ich habe die ersten Touren vom Skigebiet aus unternommen, mich dabei immer weiter hinausgewagt, bis die Lifte dann irgendwann gar keine Rolle mehr gespielt haben. Dann habe ich ganz einfache Touren gemacht, mit meinem Vater auch längere und steilere, und dabei viel Wissen mitgenommen. Ein Lawinen- und Tourenkurs war der nächste Schritt, und plötzlich hatten auch Freunde von mir, die vorher das ganze als sinnlose Plackerei abgetan haben, Lust auf Touren. Wir wurden eine Truppe von Gleichgesinnten, die für die Abfahrt auf Tour gingen, aber auch alles andere daran zu schätzen wussten. Winter für Winter stieg unser eigener Erfahrungsschatz, und plötzlich, ohne es zu merken, erreichten wir Gipfel und Abfahrten, die wir uns vorher nur erträumt hätten.
Eine solche Entwicklung wird oft von einer gewissen Literatur begleitet. Surfer haben den Stormrider-Guide, Kletterer den Plaisir-Ost – für mich war es der SAC-Tourenführer Zentralschweiz, den ich studierte wie einen Krimi, obwohl es eigentlich ein ziemlich langweiliges Buch mit schwarz-weiss Bildern und roten Linien drauf ist. Bei vielen von meinen Freunden liegt er ziemlich abgegriffen im Bücheregal.
Mit dem Grundgedanken unsere Erfahrung weiterzugeben und mehr Leuten einen Zugang zum Touren zu eröffnen, haben Nicolas und ich den Ski&Snowboard Tourenatlas Schweiz gemacht, ein dickes Buch mit vielen Fotos und 30 Landkarten zum Mitnehmen.
Es eignet sich auch für Leute, die den Schritt aus dem Skigebiet heraus machen wollen, bietet auch ganz einfache Touren, die man mal selber planen und durchführen kann. Nach und nach kann man sich dann die Farbskala von grün bis schwarz hinaufarbeiten, und wird früher oder später auch mit einem Smile am Drop-in einer grandiosen Abfahrt stehen.
Von Markus von Glasenapp, die Bilder stammen alle* vom Fotografen Nicolas Fojtu (fojtu.ch)
* bis auf das Porträt am Schluss © Bernhard Stoll
Freerider und Tourengeher haben viel gemeinsam, aber es sind auch gewaltige Unterschiede, die beides manchmal fast wie zwei komplett unterschiedliche Sportarten wirken lassen. Je länger, je mehr denke ich, dass der Hauptunterschied jedoch in der Geschwindigkeit liegt. Dies gilt sowohl für die Vorbereitung als auch den Tagesablauf.
Vor rund 15 Jahren hatte ich auch noch die Herangehensweise, dass ich nachsehe wo es geschneit hat, dann nix wie los auf die erste Gondel und ab in den nächsten Hang. Und dann soviel shredden wie nur möglich, bis zum letzten Lift. Eine Vorbereitung hat das nicht gebraucht, und auch Lawinengefahr war zwar ein Thema, aber sobald im Gebiet die erste Abfahrt gemacht war, habe ich eher nach der nächsten Line ausgeschaut, die noch nicht verfahren war, als zu überlegen, ob diese überhaupt sicher ist.
Unterwegs mit dem Splitboard, abseits der Varianten gewöhnt man sich eine ganz andere Herangehensweise an. Die Route will genau auf schwierige Stellen studiert sein, denn im Aufstieg eine Steilstufe zu überwinden fühlt sich ganz anders an als in der Abfahrt. Plötzlich befindet man sich deutlich länger an einer potentiell gefährlichen Stelle, wenn man eine halbe Stunde dort eine Spur hinauflegt, wo man mit 5 Kurven in 15 Sekunden wieder unten ist. Und man kann auch nicht in die nächste Beiz wenn das Wetter umschlägt und die Sicht gegen null geht. Pausen wollen gemacht sein, sich gehend einen Riegel reinstopfen ist nicht so angenehm wie in der Gondel kurz einen Snack einzunehmen. Die ganze Unternehmung einer Splitboard-Tour ist letztendlich ziemlich zeitaufwendig um alles zu planen, durchzuführen und am Ende heil wieder unten anzukommen. Im Vergleich zu einem Freeride-Tag im Skigebiet kommt einem alles unendlich langsam vor. Am Ende hat man einen ganzen Tag dafür aufgewendet um auf einen Berg zu laufen und genau einmal runterzufahren.
Was einem mehr gibt am Ende des Tages ist eine Frage, die nur jeder für sich beantworten kann. Ich persönlich ziehe mittlerweile jeden schlechten Tourentag einem guten Tag im Gebiet vor. Am Ende des Tages habe ich klarere Bilder im Kopf, von einzelnen Turns, Wettereindrücken, Wind und Kälte, Sonne, gestokten Freunden. Es verschwindet nicht alles in einem Rauschen von Abfahrt nach Abfahrt. Vielleicht ist diese Freude an der Langsamkeit auch eine Frage des Alters, aber mehr ist es wohl eine persönliche Entwicklung, die einen fordert, aber einem auch sehr viel gibt.
Für Freaks? Nein – Tourengehen kann jeder!
Niemand kommt als Splitboarder auf die Welt, sondern Schritt für Schritt nähert man sich der Materie an. Auch ich habe die ersten Touren vom Skigebiet aus unternommen, mich dabei immer weiter hinausgewagt, bis die Lifte dann irgendwann gar keine Rolle mehr gespielt haben. Dann habe ich ganz einfache Touren gemacht, mit meinem Vater auch längere und steilere, und dabei viel Wissen mitgenommen. Ein Lawinen- und Tourenkurs war der nächste Schritt, und plötzlich hatten auch Freunde von mir, die vorher das ganze als sinnlose Plackerei abgetan haben, Lust auf Touren. Wir wurden eine Truppe von Gleichgesinnten, die für die Abfahrt auf Tour gingen, aber auch alles andere daran zu schätzen wussten. Winter für Winter stieg unser eigener Erfahrungsschatz, und plötzlich, ohne es zu merken, erreichten wir Gipfel und Abfahrten, die wir uns vorher nur erträumt hätten.
Eine solche Entwicklung wird oft von einer gewissen Literatur begleitet. Surfer haben den Stormrider-Guide, Kletterer den Plaisir-Ost – für mich war es der SAC-Tourenführer Zentralschweiz, den ich studierte wie einen Krimi, obwohl es eigentlich ein ziemlich langweiliges Buch mit schwarz-weiss Bildern und roten Linien drauf ist. Bei vielen von meinen Freunden liegt er ziemlich abgegriffen im Bücheregal.
Mit dem Grundgedanken unsere Erfahrung weiterzugeben und mehr Leuten einen Zugang zum Touren zu eröffnen, haben Nicolas und ich den Ski&Snowboard Tourenatlas Schweiz gemacht, ein dickes Buch mit vielen Fotos und 30 Landkarten zum Mitnehmen.
Es eignet sich auch für Leute, die den Schritt aus dem Skigebiet heraus machen wollen, bietet auch ganz einfache Touren, die man mal selber planen und durchführen kann. Nach und nach kann man sich dann die Farbskala von grün bis schwarz hinaufarbeiten, und wird früher oder später auch mit einem Smile am Drop-in einer grandiosen Abfahrt stehen.
Von Markus von Glasenapp, die Bilder stammen alle* vom Fotografen Nicolas Fojtu (fojtu.ch)
* bis auf das Porträt am Schluss © Bernhard Stoll